Wie kann ich meine Berufung finden?
Viele Menschen leben mit ihrem Beruf in einer Zweckgemeinschaft. Sie lieben ihn nicht, aber er ist in Ordnung. Sie machen ihn nicht mit Leidenschaft, aber er bezahlt die Rechnungen. Aber willst du am Ende deiner Tage wirklich auf 40 Jahre Berufsleben zurückblicken, die „ganz ok“ waren? Wir schauen uns an, was den Beruf zur Berufung macht und warum die meisten Menschen ihren Weg erst spät(er) im Leben finden. Anschließend gebe ich dir 7 Coaching-Fragen an die Hand, die dich deiner Berufung Schritt für Schritt näherbringen.

Du hast eine Berufung. Du musst sie nur finden.
Wie oft langweilst du dich in deinem Job? Gehst du mit Elan an deine Aufgaben oder stressen sie dich? Hast du das Gefühl, dass dein Beruf dich mehr Energie kostet als er dir gibt? Und freust du dich am Mittwochmorgen schon wieder aufs Wochenende?
Ich langweile mich eigentlich immer. Meine To Dos stressen mich. Ja, der Job frisst meine Energie. Hoch die Hände, Wochenende!
Diese Antworten klingen nach dir? Dann ist es wahrscheinlich, dass du zwar einen Beruf, aber noch nicht deine Berufung gefunden hast. Vielleicht überlegst du sogar schon länger, ob du deinen Job kündigen oder sogar deinen Beruf wechseln solltest. Du weißt nur nicht, wie die Alternative aussehen könnte.
Die meisten Menschen glauben nicht daran, dass sie eine Berufung haben. Die meisten Menschen versuchen allerdings auch nie, ihre Berufung zu finden. Besser der Spatz in der Hand als die Taube am Dach, nicht wahr? Dabei muss die Suche nach deiner Berufung gar nicht die bedeutungsschwere Heldenreise sein, an die wir bei dem Wort oft denken.
- Was macht einen Beruf zur Berufung?
- Warum viele ihre Berufung erst spät(er) finden
- Deine Berufung im aktuellen Beruf finden
Gespräche über Beruf vs. Berufung gleiten allzu schnell ins Esoterische ab. Plötzlich ist von Schicksal, von der wahren Bestimmung und dem Daseinszweck des Menschen die Rede. Man erwartet nahezu, dass jemand mit episch in die Ferne gerichtetem Blick die große „Warum?“-Frage stellt. Diese Tendenz hält viele Menschen davon ab, sich mit ihrer Berufung bzw. der Frage, ob sie denn eine haben, auseinanderzusetzen.
Die Folge: Medium zufriedene Menschen in medium spannenden Berufen, die sie mit medium viel Leidenschaft ausüben. Und immer mit dabei: Ein nagendes Gefühl und die leise innere Stimme, die von dem erzählt, was hätte sein können. Was wäre, wenn …
Ohne die Aura von Schicksal und Lebenssinn lässt sich mit dem Begriff der Berufung deutlich leichter arbeiten:
Du hast deine Berufung gefunden, wenn dein Beruf dich wirklich glücklich macht, er deine Lebensqualität verbessert und du in dem, was du tust, einen Mehrwert siehst.
Für die meisten Menschen wartet dieser Zustand an der Schnittstelle zwischen „Die Welt braucht es.“ und „Ich werde dafür bezahlt.“
Übrigens ist es auch absolut möglich, in einem Job sehr gut zu sein, obwohl er nicht deiner Berufung entspricht. Und ein Beruf muss nicht zwingend deine Berufung sein, um dich glücklich zu machen – wenigstens für eine gewisse Zeit. Wenn du wissen willst, ob dein aktueller Beruf Berufungs-Potenzial hat, beantworte dir selbst folgende Fragen:
- Was sind meine Stärken? Und setze ich diese in meinem aktuellen Beruf ein?
- Was macht mir wirklich Spaß, worin finde ich Erfüllung? Bietet mein aktueller Beruf für diese Tätigkeit(en) Raum?
- Was wünsche ich mir von meinem Leben? Und bringt mein aktueller Job mich diesem Ziel näher?
- Wie fühle ich mich bei dem Gedanken daran, meinen aktuellen Beruf bis zu meiner Pension auszuüben?
- Wie geht es mir nach Arbeitsschluss? Habe ich das Gefühl, etwas erreicht zu haben? Bin ich so richtig zufrieden?
Wenn Menschen in einem Beruf arbeiten, der nicht ihrer Berufung entspricht, und den sie vielleicht noch nicht einmal mögen, dann ist das in der Regel keine aktive Entscheidung gegen die Berufung. Oft ist es nur so, dass das Leben uns davonrennt, während wir versuchen, es zu planen.
Nach dem Schulabschluss muss ein Ausbildungsplatz oder ein Studium her, vielleicht auch direkt ein Job. Keine Zeit zum Ausprobieren, keine Zeit zum In-sich-horchen. Eltern, Lehrer und entfernte Verwandte stecken dir Jobvorschläge wie Almosen zu und irgendwann bist du so überwältigt, dass du einfach irgendwas machst – Hauptsache, man lässt dich in Ruhe.
Ehe du dich versiehst, arbeitest du seit zehn oder fünfzehn Jahren in einem Beruf, der dich eigentlich nicht interessiert, der aber die Raten für das Auto, die Hypothek auf das Haus und die Urlaube mit der Familie zahlt. Dass Menschen sich vor dem Einstieg ins Berufsleben Zeit zum Ausprobieren nehmen und sich selbst besser kennenlernen, bevor sie entscheiden, was sie für den Rest ihres Lebens machen wollen, ist in unserer Gesellschaft nicht vorgesehen.
Und noch etwas anderes wird kritisch beäugt: Menschen, die ihren Träumen folgen. Wir leben in einer Gesellschaft, die dem 5-Jährigen applaudiert, wenn er von seinen Astronauten-Plänen erzählt, dem 18-Jährigen später aber sagt, er solle gefälligst etwas „Richtiges“ lernen und sich den Astronauten-Kram aus dem Kopf schlagen. Dies geschieht zwar nicht aus Böswilligkeit, aber die Botschaft brennt sich trotzdem ein:
Sicherheit kommt vor Sehnsucht. Geld verdienen kommt vor Traumerfüllung. Und der Wunsch, seine Berufung zu finden, ist kindisch.
Kein Wunder also, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich nach vielen Jahren im Berufsleben fragen, ob sie nicht irgendwo eine falsche Abzweigung genommen haben. Und dass immer mehr Menschen mit 30, 40 oder 50 Jahren über eine berufliche Neuorientierung nachdenken.
Für viele Menschen ist der Job, der genügend Geld reinbringt und mit dem sie ganz zufrieden sind, goldrichtig. Nicht jede*r sucht nach einer Berufung und nicht jeder*r braucht eine Berufung, um glücklich zu sein. Auch ein Job, der sich nicht zu 100 Prozent mit deinen Talenten oder Leidenschaften deckt, kann für dein Leben eine Bereicherung sein.
Letzten Endes geht es darum, dein WARUM zu finden.
Du brennst nicht unbedingt für das, was du tust, aber du hast nette Kolleg*innen und dein Job sichert dir den Lebensstil, der dir wichtig ist? Das reicht! Möglicherweise wird es dir nicht für immer reichen, aber das muss es auch nicht. In unserem Leben gibt es nicht den EINEN Sinn, der uns antreibt: Sinnfindung ist ein lebenslanger Prozess.
Übrigens: Schwierigkeiten im Berufsalltag müssen nicht zwangsläufig bedeuten, dass du die falsche Wahl getroffen hast. Ein offenes Gespräch mit deinem*r Vorgesetzten, eine andere Form der Selbstorganisation oder gezieltes Selbstzweifel-Management können manchmal Wunder wirken.

Wenn die fehlende Berufung zum Problem wird
Auch wenn nicht jeder Mensch eine Berufung braucht: Es gibt Fälle, in denen die Sehnsucht nach der Berufung zum Problem wird. Vielen Menschen, die beruflich bis dahin zufrieden waren, fällt in ihren späten 30ern oder frühen 40ern auf, dass „etwas fehlt“:
Jetzt, wo die Kinder schon größer sind und du dich wieder mehr auf deine Karriere konzentrieren kannst, willst du sie plötzlich gar nicht mehr – jedenfalls nicht in deinem aktuellen Beruf.
Für die meisten Menschen ist diese Erkenntnis ein Schock. Und die Frage „Durchdrücken oder etwas ändern“ kommt in der Regel in Begleitung vieler schlafloser Nächte, existenzieller Ängste und Sorgenfalten.
Aber ruhig Blut: Die Erkenntnis, dass du deine Berufung noch nicht gefunden hast, ist nicht das Ende der Welt: Sie ist ein Anfang!
Als Coach für Job-Glück weiß ich, dass es niemals zu spät ist, um deine wahre Berufung zu finden. Im Gegenteil: Die meisten von uns müssen ein paar Irrwege gehen, um auf den richtigen Pfad zu kommen. Aber jeder Schritt, den du gehst, ist ein Schritt näher zu deinem wahren Selbst und deiner Berufung im Leben.
Schritt für Schritt zu deiner Berufung: 7 Tipps
Du kannst in jedem Alter und in jeder Lebenssituation damit anfangen, deiner Berufung zu folgen. Selbst, wenn du sie noch nicht kennst. Zunächst einmal geht es nämlich darum, dich selbst besser kennenzulernen: Finde heraus, was dich antreibt, was dir Freude macht und bei welchen Tätigkeiten du ganz „bei dir“ sein kannst. Nimm dir bitte ausreichend Zeit für die folgenden sieben Coaching-Fragen und folge deiner inneren Stimme – wo auch immer sie dich hinführen mag.
Was verrät deine aktuelle Unlust über deine Berufung?
Kannst du benennen, was genau deine Unzufriedenheit im Job auslöst? Findest du das daily business langweilig oder fühlst du dich überfordert? Hast du vielleicht Angst davor, in deinem Job Fehler zu machen? Es gibt viele Gründe für berufliche Unzufriedenheit, die nicht unbedingt etwas mit einer verfehlten Berufung zu tun haben.
In meinen Coachings sehe ich sogar immer wieder, dass viele Menschen, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind, in ihrem aktuellen Beruf unglücklich sind, obwohl scheinbar alles gut ist: Nette Kolleginnen, Anerkennung von Vorgesetzten, Karrierechancen und interessante Aufgaben. Wenn wir ein wenig graben, finden wir aber oft heraus, dass das Problem tiefer liegt:
- Fehlende „Mission“: Das Geld passt, die Atmosphäre passt, aber du siehst keinen höheren Sinn in dem, was du tust.
- Falsche Arbeitsform: Du hast einen tollen Arbeitsplatz, aber eigentlich willst du viel lieber auf eigenen Beinen stehen.
- Fehlende Passion: Du bist großartig in deinem Job und kannst gutes Geld verdienen. Du liebst aber nicht, was du tust.
Was verrät deine bisherige Laufbahn über deine Berufung?
Auch wenn du das Gefühl hast, bei deiner Berufswahl nicht unbedingt deiner Berufung gefolgt zu sein: Das heißt nicht, dass deine bisherigen beruflichen Stationen dir nicht wertvolle Hinweise geben könnten. Denk zurück an deine bisherigen Jobs, an Praktika, Aus- und Weiterbildungen bis zurück zu dem Studium, das du vielleicht abgebrochen hast:
Was hat dir besonders viel Freude gemacht? Womit verbindest du die meisten positiven Gefühle?
Dabei kann es, muss es aber nicht zwangsläufig um die Tätigkeiten gehen, die du ausgeführt hast. Vielleicht war es die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, die dich erfüllt hat? Vielleicht hast du an etwas gearbeitet, in dem du einen Sinn gesehen hast?
Was denken andere Menschen über deine Berufung?
Wir alle haben ein Bild von uns selbst, über das sich schwer hinausblicken lässt. Häufig ist dieses Selbstbild eine Mischung aus dem,
- wie wir uns selbst sehen,
- wie wir gerne wären, und
- was andere von uns erwarten (oder was wir denken, was andere von uns erwarten).
Fragen wir aber andere Menschen, wo sie unsere größten Stärken oder besonderen Talente sehen, wundern wir uns oft über die Antworten. Die Unternehmensberaterin mit dem hochkarätigem Klientel wird dann plötzlich für ihr handwerkliches Talent gelobt. Und der Automechaniker bekommt zu hören, wie unwahrscheinlich gut er mit Menschen umgehen kann und wie sehr ihn seine Mitarbeiter*innen schätzen, weil er ein geborener Leader ist. Das muss zwar nicht unbedingt bedeuten, dass beide ihre Berufung verfehlt haben. Aber zu wissen, wie andere dich sehen, kann ein wichtiger Hinweis auf deine wahren Stärken sein.
Was treibt dich im Leben an?
Wofür brennst du? Worauf freust du dich vielleicht schon Tage vorher? Kannst du dich an Momente erinnern, in denen du dich so richtig, richtig lebendig gefühlt hast? Gibt es Dinge, für die du am Morgen sogar ohne Wecker-Klingeln aus dem Bett hüpfst?
Für die meisten Menschen ist die Frage nach der Motivation kniffliger als sie klingt. Die meisten von uns haben nämlich gelernt, die Dinge, die für Tag für Tag tun müssen, auch ohne Motivation zu tun. Grundsätzlich ist das auch gut so. Würden wir nämlich alle immer nur das machen, was wir wirklich, wirklich wollen, dann hätten wir als Gesellschaft ein Problem.
Genauso ein Problem ist es aber, wenn du keinen Zugang zu deinem inneren Antrieb hast. In meinen Coachings nutze ich die Motivationsanalyse nach Reiss, um das Motivationsprofil meiner Coachees zu erstellen. Diese wissenschaftlich fundierte Analyse verrät uns, welche Motive deine Persönlichkeit prägen, was dich privat und beruflich antreibt und welche Werte dir im Leben wirklich wichtig sind.
Was verrät deine Kindheit über deine Berufung?
Wenn du mit fünf Jahren Ballerina oder mit acht Meeresbiologe werden wolltest, heißt das natürlich nicht, dass du jetzt alles hinwerfen und Tanz- bzw. Tauchunterreicht nehmen musst. Kindheitsträume können uns einen Hinweis auf unsere Berufung geben. Viel wichtiger ist aber etwas anderes:
Als du ein Kind warst, wusstest du wahrscheinlich sehr genau, was dich glücklich gemacht hat – du hast es nämlich einfach getan, ohne viel darüber nachzudenken. Womit hast du als Kind deine Zeit verbracht? Hast du gemalt oder gebastelt? Warst du vielleicht ein Lego-Technik-Fan und hast am liebsten an eigenen Kreationen getüftelt?
Oder hast du gerne gelesen oder geschrieben und dir eigene Geschichten ausgedacht, mit denen du die Kinder in der Nachbarschaft unterhalten hast? Kinder wenden sich intuitiv den Dingen zu, die ihnen Freude bereiten. Wenn du es schaffst, mit deinem inneren Kind in den Dialog zu treten, kann es dir wichtige Hinweise auf deine wahre Berufung geben.
Was hindert dich daran, deiner Berufung zu folgen?
Der Gedanke an eine berufliche Neuorientierung ruft zwangsläufig gewisse Ängste auf den Plan. Reale Ängste und Sorgen lassen sich normalerweise zügeln, indem du eine Strategie entwickelst.
Erfordert die Suche nach deiner Berufung zum Beispiel eine Auszeit von deinem aktuellen Job, dann solltest du diese Schritt für Schritt planen: Welche Möglichkeiten hast du? Und wie kannst du diese Zeit finanziell überbrücken? Wo und wann musst du welche Anträge stellen?
Weitaus schwieriger als der Umgang mit realen Ängsten sind innere Blockaden, die dich daran hindern, deiner Berufung zu folgen.
Die meisten Menschen tragen negative Glaubenssätze aus der Kindheit mit sich herum, die in herausfordernden Situationen aus dem Unterbewusstsein auftauchen und dir leise Zweifel einflüstern:
Ich kann das nicht. Das ziehe ich nie durch. Dafür bin ich nicht gut genug.
Vielleicht kannst du dich sogar an den exakten Moment erinnern, in dem du einer Bezugsperson deinen großen Lebenstraum anvertraut und nicht die Reaktion bekommen hast, die du erwartet hattest? So in etwa:
„Papa! Wenn ich mal groß bin, dann will ich Bücher schreiben!“
– „Das ist schön, mein Kind. Lern aber auch noch was Richtiges, denn vom Bücherschreiben kann man nicht leben.“
Hat es in deinem Leben auch so einen Moment gegeben? Dann ist es kein Wunder, dass du deiner Berufung bisher noch nicht gefolgt bist.
Was wäre, WENN …
… du heute Abend erfahren würdest, dass dein verstorbener Lieblingsonkel 1994 in Amazon-Aktien investiert und dir sein gesamtes Vermögen hinterlassen hat?
Wie würdest du deine Zeit verbringen – jetzt, wo du nicht mehr arbeiten musst, um Geld zu verdienen?
… du mir deinen perfekten Arbeitstag beschreiben müsstest?
Fährst du in ein Büro oder richtest du dich im Home-Office ein? Verbringst du viel Zeit mit deinen Kolleg*innen oder arbeitest du alleine? Hast du Präsenz-Termine, Online-Calls und Telefonate oder hast du den ganzen Tag Zeit, um ungestört deine To Dos voranzubringen?
… du ab heute deiner Berufung folgst und dich selbst in 10 Jahren besuchst?
Wie sieht dein Leben aus? Was hat sich verändert?
Berufung finden mit Coaching
Als systemischer Coach und HR-Managerin mit über 20 Jahren Erfahrung stehe ich an der Schnittstelle zwischen dem, was du dir wünschst, und dem, was der Arbeitsmarkt dir bieten kann.
Im Coaching lösen wir innere Blockaden, die dich davon abhalten, deine wahre Berufung zu finden, und erarbeiten eine Strategie, wie du die berufliche Veränderung erfolgreich managen kannst.